007 für Arme?

Werden Smartphones bereits gehackt? Vielleicht sogar in aller Öffentlichkeit? Mitten im Berufsverkehr in der Berliner U-Bahn?

Acht Uhr morgens, eine volle Berliner U-Bahn. Auf der Vierer-Bank schräg gegenüber, mit dem Rücken zu mir, sitzt ein Mann. Das Bein halb auf dem Gang, als wäre er auf dem Sprung. Auf dem Schoß hat er eine Art Aktentasche, die allerdings eine große Öffnung auf der Rückseite hat. Das sieht man immer dann, wenn er die Tasche ein Stück von seinem Bauch weg kippt.

Es muss ein Touchscreen sein. Ein normaler Desktop, dunkelgrauer, einfarbiger Hintergrund, jede Menge Icons. In der Mitte ein kleines Fenster. Darin läuft so etwas wie ein Prozessmanager. Ähnlich der Kurve eines Herzschlages bewegt sich die Linie und wirft mal mehr, mal weniger große Zacken. Der Mann hat einen Stift in der Hand, mit dem er immer mal wieder darunter tippt. Auf einen Button? Nicht erkennbar. Schnell kippt er die Tasche wieder an sich und sieht sich hektisch um.

Dann fällt mir der Stift auf. Er hat ein dünnes Kabel, so eines wie das von Kopfhörern. Und der Mann scheint sehr bemüht, den Stift immer so zu halten, dass das Kabel schön frei vor ihm und seiner Tasche hängt. Antenne?

Er schaut sich hektisch um, wirft mir einen Blick zu und wischt sich einen Schweißtropfen von der Schläfe. Rutscht auf dem Sitz hin und her. Kippt die Tasche nicht mehr so weit an, tippt hektisch, drückt sie fest an sich. Immer wieder. So nervös ist nur einer, der Angst hat, erwischt zu werden. Aber wobei?

In der U-Bahn ist sonst alles wie an jedem Morgen. Ein paar Kinder, jede Menge Aktenkoffertypen in Anzügen, ein paar Frauen in Bücher vertieft und jeder Dritte tippt auf seinem Smartphone herum. Bin ich die Einzige, die den Mann komisch findet?

In meinem Bauch macht sich ein ungutes Gefühl breit. Der Mann tippt schon wieder auf den Touchscreen, zieht die Tasche zurück an seinen Bauch, wippt mit dem Bein und bringt den Stift mit dem Kabel in die Richtung des jungen Mannes, der neben der Tür lehnt und auf seinem Telefon herumtippt.

Ich wühle mein Handy hervor und drücke beherzt die Ausschalttaste.

Der Mann kippt die Tasche wieder von sich, tippt noch einmal auf das Feld unter der Herzschlaglinie. Starrt gebannt auf das Display. Wenige Sekunden später öffnet sich Outlook. In den leeren Posteingang rauscht einen Moment später E-Mail für E-Mail.

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